Finanzunion wäre Anfang vom Ende des Euro

Zum bevorstehenden Treffen der europäischen Staats- und Regierungschefs anlässlich der Staatsschuldenkrise in Europa erklärt Dr. Josef Schlarmann, Bundesvorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU (MIT):

 

1. Krisenländer wie Griechenland brauchen ein grundlegendes Sanierungskonzept und keine Teillösungen. 

Alle bisherigen Rettungsschirme haben die Kapitalmärkte nicht beruhigen können. Das Gegenteil ist der Fall. Es droht die Infektion weiterer Länder, weil es an einem überzeugenden Gesamtkonzept fehlt. 
Die Euro-Retter haben bisher versucht, mit Finanzhilfen die Zahlungsfähigkeit der Krisenländer aufrecht zu erhalten. Dies greift viel zu kurz. Die Schuldnerstaaten haben nicht nur ein Liquiditätsproblem, sondern vor allem ein Solvenz- bzw. Bonitätsproblem. Sie sind überschuldet und wirtschaftlich schwach. Mit zusätzlichen Krediten wird dieses Problem nur noch verschärft. 
Darüber hinaus konzentrieren sich die Rettungsschirme auf den jeweiligen Staatshaushalt, nicht aber auf die ganze Volkswirtschaft. Das Kernproblem der Überschuldung liegt in der Schwäche der Wirtschaft und ihrer mangelnden Wettbewerbsfähigkeit. Die langjährigen Leistungsbilanzdefizite sind dafür ein deutlicher Indikator. Mit einer restriktiven Haushaltspolitik, die den Schuldnern von der EU aufgezwungen wird, wird das Problem nicht gelöst, sondern nur noch größer. 

2. Krisenländer wie Griechenland können nur mit einem Schuldenschnitt und einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit wieder kapitalmarktfähig gemacht werden. 

Die bisherigen Maßnahmen kurieren an den Symptomen, beseitigen aber nicht die Krisenursachen, was die Kapitalmärkte beunruhigt. Mit Finanzhilfen kann man nur Zeit gewinnen, aber das Problem nicht lösen. Deshalb sollten alle Rettungsschirme zeitlich befristet werden. 
Die eigentliche Krisenursache ist die viel zu hohe Schuldenlast im Verhältnis zur Wirtschafts- und Steuerkraft. Ein Schuldenschnitt, ein sog. Haircut, ist z.B. für Griechenland unausweichlich, um seine Kapitalmarktfähigkeit wieder herzustellen. Daran müssen sich schon zum Schutz des Steuerzahlers auch die privaten Gläubiger beteiligen. Der Euro wird dadurch nicht gefährdet. Dazu ist das Land zu klein und die Gläubiger haben einen Schuldenschnitt längst eingepreist. 
Zu einer dauerhaften Lösung gehört außerdem, dass die Wirtschaft der Krisenländer wieder wettbewerbsfähig wird. Dazu müssen die Staatsquote verringert, die Banken saniert, die Löhne gesenkt und die Märkte liberalisiert werden. Die Verantwortung für solche Reformen liegt bei den Schuldnerländern. Die EU kann nur begleitende Hilfe leisten. 
Wenn dieser Weg der „inneren Abwertung“ nicht gewollt ist oder scheitert, bleibt den Schuldnerländern nur die Alternative, die Euro-Mitgliedschaft auszusetzen. Der Wechselkurs wird dann dafür sorgen, dass das Land wieder wettbewerbsfähig wird, die Leistungsbilanzdefizite abgebaut werden und Investoren ins Land kommen. 

3. Eine Finanzunion wäre der Anfang vom Ende des Euro. 

Es gibt politische Kräfte, die die Finanzprobleme der Krisenländer mit einer europäischen Fiskalunion, d.h. einer Haftungs- und Transferunion, lösen wollen. Dies ist ein Spiel mit dem Feuer. Eine solche Fiskalunion tangiert nicht nur die Haushaltsrechte der nationalen Parlamente, sondern setzt massive Anreize zur Fortsetzung des Schuldenkurses und gefährdet den Prozess der europäischen Einigung. Die schon jetzt virulenten Widerstände in Geber- als auch in den Nehmerländern sind nicht zu übersehen. 
Die Europäische Union ist kein Staat, sondern ein supranationales Gebilde eigener Art. Ihre fiskalische Dimension ist durch den Stabilitätspakt und das Bail-Out-Verbot, demzufolge weder die Union noch ihre Mitglieder wechselseitig für die jeweiligen Schulden haften, definiert. Nicht die Fiskalunion ist die Lösung, sondern die Schärfung des Stabilitätspaktes und des Haftungsausschlusses. Die Vergemeinschaftung von Staatsschulden, z.B. durch Eurobonds oder Ankauf von Staatspapieren durch EU-Institutionen, ist der falsche Weg.